Mit der Ersatzteilversorgung steht und fällt die Restaurierung und Wartung eines jeden Old- oder Youngtimers. Immer wieder scheitern Restaurierungen, weil Ersatzteile nicht oder nur zu sehr hohen Preisen zu bekommen sind. Welche Quellen bieten sich an? Eine Übersicht.
Seit Beginn der 1980er Jahre hält der Old- und Youngtimer-Boom an. In den vergangenen 40 Jahren hat sich die Ersatzteilversorgung für viele Klassiker deutlich verbessert. Vor allem Fahrzeugmarken und -typen, die einst weit verbreitet waren, sind heute sowohl über ihre einstigen Hersteller als auch über zahlreiche Enthusiasten mit einer guten Ersatzteilversorgung „gesegnet“. Maßgeblich tragen hierzu auch die so genannten Traditionsabteilungen der Hersteller bei. So können beispielsweise bei BMW, VW, Audi, Mercedes oder Opel vom Original-Zündschlüssel über Dekor-, Motor-, Getriebe- und Karosserieteile bis hin zum Interieur sehr viele Ersatzteile bezogen werden.
Einige traditionsreiche Fahrzeughersteller garantieren aber auch ohne spezielle Old- und Youngtimerabteilungen eine gesicherte Ersatzteilversorgung für ihre einstigen Fahrzeuge. Hierzu gehören vor allem Harley Davidson oder Moto Guzzi im Motorradsektor oder Skoda bei den Pkw-Herstellern. Dahinter stehen auch Verträge mit Behörden und Militär, denen verschiedene Hersteller über einen Zeitraum von mehreren Jahrzehnten die Ersatzteilversorgung zusichern mussten.
Selbst im Bereich der Zulieferindustrie haben viele Teilehersteller die Marktlücke erkannt und ihr Portfolio bereits seit langem auf Old- und Youngtimerteile erweitert. Bekanntes Beispiel dafür ist Bosch Classic. Hier kann heute nahezu jedes elektrische Bauteil bezogen werden, das jemals an Fahrzeughersteller ausgeliefert wurde. Auch der Motorteile-Spezialist Mahle
hat sein Produktprogramm auf die Old- und Youngtimer-Teile erweitert. Hier sind vor allem Kolben, Kolbenringe und Lagerschalen für alte Motoren wieder erhältlich.
Schwarze Batterien wieder im Programm
Auch im Bereich Reifen ist wieder vieles lieferbar. So können bei der Münchner Oldtimer Reifen GmbH (MOR) heute für jeden Old- oder Youngtimer die passenden Reifen bestellt werden. Sogar in der entsprechenden Optik (Profil, Weißrand) und Ausführung seien diese auf Lager, verspricht der Spezialist. Das gleiche betrifft Batterien für Klassiker. Der Batteriehersteller Banner hat wieder die so genannten schwarzen Batterien im Programm. Sie unterscheiden sich optisch nicht von den damals in Erstausrüstung verbauten Batterien. Ihre Technik ist hingegen auf neuesten Stand. Wer sich hierfür interessiert, muss Banner direkt kontaktieren.
Problematisch wird die Ersatzteilversorgung hingegen bei einigen ausländischen Marken. Vor allem bei Renault, Peugeot, Citroën, aber auch bei Alfa Romeo, MG und beinahe bei jedem japanischen Hersteller treten in allen Ersatzteilbereichen für Fahrzeuge, die älter als 20 Jahre sind, zum Teil erhebliche Lieferschwierigkeiten auf. Bei nicht mehr bestehenden Marken wie zum Beispiel Deutsch-Bonnet, Chenard-Walcker oder Facel Vega sind Teile nur noch gebraucht oder als Nachbauteil zu bekommen. Und wenn sie angeboten werden, sind die Preise extrem hoch angesetzt.
Vorsicht bei exotischen Fahrzeugen
Oldtimerspezialisten wissen daher schon seit langem: Je seltener ein Fahrzeug und exotischer der Hersteller ist, desto weniger neue bzw. originale Ersatzteile sind auf dem Markt erhältlich. Sie raten daher meist davon ab, sich ein solches exotisches Fahrzeug als Restaurierungsobjekt zuzulegen. Ähnliches gilt für bereits restaurierte Fahrzeuge. Hier kann der Unterhalt aufgrund fehlender Serviceteile ebenfalls sehr teuer werden.
Um in diesen Bereichen eine gewisse Ersatzteil-Liefersicherheit zu gewährleisten, werden von Clubs und Interessengemeinschaften, aber auch von Restaurierungsbetrieben oft selbst Teile nachgefertigt. Zuweilen übertrifft die Qualität der Nachbauteile die der Originalersatzteile erheblich, da sie aus besseren Materialien und mit modernen Präzisions-Werkzeugmaschinen produziert werden.
Die Ersatzteil-Nachfertigung konzentriert sich jedoch nur auf spezielle Fahrzeugmarken (z.B. Ford, MG oder Fiat) bzw. auf einzelne Baureihen und Modelle (z.B. Ford OSI, MG F, Fiat 124 Spider), auf die sich die jeweiligen Old- oder Youngtimer-Besitzer bzw. Restaurierungsbetriebe konzentrieren. Für auf Old- und Youngtimer spezialisierte Kfz-Betriebe sind daher gute Kontakte zu Clubs, IGs, anderen Restaurierungsbetrieben, aber auch zu den Fahrzeugherstellern für die Sicherung der eigenen Ersatzteilversorgung hilfreich, um über die jeweils spezifische Ersatzteilsituation informiert zu sein.
Großer Markt für gebrauchte Teile
Neben der Versorgung mit Neu- oder Nachbauteilen hat sich in der Old- und Youngtimer-Szene bereits seit Jahrzehnten ein großer Markt für gebrauchte Ersatzteile entwickelt. Vor allem im Bereich jüngere Oldtimer, und hier das Youngtimer-Segment, also Fahrzeuge im Alter von 20 bis 29 Jahren, ist der Gebrauchtteilemarkt eine der wichtigsten Bezugsquellen für Ersatzteile. Er wird meist von professionellen, aber auch privaten Teilehändlern betrieben, die sich auf bestimmte Marken oder Fahrzeugkategorien spezialisiert haben. Viele dieser Händler bieten ihre Gebrauchtteile auf Old- und Youngtimer-Teilemärkten oder über das Internet an. Speziell im Internet macht es kaum Mühe, weltweit nach Ersatzteilen zu recherchieren und sogar Preisvergleiche vorzunehmen.
Im Bereich Youngtimer-Pkw (seltener für Oldtimer) können auch Schrottplätze oder Recyclingfirmen hervorragende Ersatzteillieferanten sein. Anhand der Teilenummern lassen sich viele Elektrik- und Anbauteile, auch wenn sie in unterschiedlichen Fahrzeugen verbaut sind, sicher identifizieren. Auf viele dieser Teile gewähren die Firmen sogar eine gewisse Garantie mit Umtauschrecht, so dass das Risiko, ein falsches oder defektes Teil zu kaufen, relativ gering ist.
Sind Ersatzteile aus den genannten Quellen nicht lieferbar, besteht die Möglichkeit, bei einem Metall-, Kunststoff- oder Holz-Fachbetrieb eine Nachfertigung des gesuchten Ersatzteils in Auftrag zu geben. Hierzu müssen aber die genauen Daten des Ersatzteils, vor allem das Material und seine Vermassung, bekannt sein. Meist genügt aber schon das verschlissene Ersatzteil als Vorlage. In Hinblick auf die von der Stückzahl abhängigen Fertigungskosten muss hier jedoch sehr genau abgewogen werden, wann sich eine Nachfertigung rentiert. Der leergefegte Markt kann jedoch oft Beweis dafür sein, dass das Ersatzteil auch von anderen Betrieben oder Oldtimerbesitzern benötigt wird, die die gleichen Fahrzeuge restaurieren oder besitzen. Professionelle Restaurierungsbetriebe versuchen daher meist über einen Zusammenschluss der Interessenten, die Kosten einer Nachfertigung zu drücken.
Seit ein paar Jahren setzen sich auch immer mehr in 3D-Druckern gefertigte Ersatzteile im Markt durch. Zuerst wurden hier Embleme oder Verzierungen hergestellt, heute werden aufgrund der Weiterentwicklung der 3D-Technologie auch Technik- und Mechanikteile angeboten. Die Kosten für einst sehr teure Teile, wie Markenlogos, konnten so auf einen Bruchteil gesenkt werden. Da sich hier gerade ein neuer Markt entwickelt, finden sich im Netz immer mehr Dienstleister wie die Firma Oldtimerparts aus Leipzig in diesem Bereich.
Komponenten elektronische Geräte
Seit Ende der 1980er Jahren gibt es in den Fahrzeugen immer mehr elektronische Steuergeräte. Anfangs waren sie nur für das Motormanagement zuständig. Seit den 1990er Jahren kamen immer weitere Steuerungsfunktionen. Hard- und Software sind daher extrem komplex aufgebaut. Galten diese Komponenten noch vor ein paar Jahren als nicht reparabel und konnten nur gegen ein Originalteil ausgetauscht werden, gibt es heute Firmen, die sich auf die Reparatur solcher Elektronik-Komponente spezialisiert haben. So halten zum Beispiel Firmen, wie EPS Elektronik GmbH und Co KG oder ACtronics GmbH
für viele ältere Steuergeräte zahlreiche nicht mehr lieferbare Elektronikkomponenten und Komplettgeräte auf Lager oder reparieren diese.
Wer hingegen Glaskomponenten braucht oder gar einen Spiegel restaurieren möchte, findet nur wenige Spezialisten. Eine der wenigen, die nahezu alle Windschutzscheiben liefern können, aber auch alte Rückspiegel restauriert, ist die Firma AES-Autoglas GmbH in Memmingen. Sie ist nicht nur in der Lage, Spiegel passgenau und in der richtigen Konvexität anzufertigen, auch Beschriftungen stellt für sie kein Problem dar. Möglich wird dies durch einen Verbund mit der Autoglaser-Kette Junited Autoglas. Dort hat man auch die Möglichkeit, auf Lagerbestände weltweit zurückzugreifen.
Verschiedene Hersteller – gleiche Teile
Eine sehr spezielle, aber in vielen Fällen Erfolg versprechende Möglichkeit, Ersatzteile zu finden, ist die so genannte Referenz-Methode. Sie beruht auf den Umstand, dass oft identische Zulieferteile von einem Teilehersteller an verschiedene Fahrzeughersteller geliefert wurden. So sind zum Beispiel die Marken VW und BMW jahrzehntelang von Bosch beliefert worden. Zahlreiche Elektrikteile, von der Lichtmaschine bis zum E-Starter, sind daher bei beiden Marken ähnlich oder identisch. Jedoch unterscheiden sich hier fast immer die herstellerspezifischen Teilenummern.
Auch wurden von den europäischen Motorrad- und Pkw-Herstellern in der Vergangenheit vielfach Normteile verwendet. Identische Lager, Schrauben, Stecker, Dichtringe, Armaturen, Griffe und vieles mehr finden sich weit verbreitet bei fast allen Fahrzeugherstellern. Die Unterschiede der gesuchten Teile beschränken sich hier oftmals nur in der Farbgebung oder Verpackung. Es lohnt sich daher, die Geschichte der Fahrzeugmarken und vor allem die der Zulieferer genauer zu kennen.
Es kommt aber auch vor, dass markenspezifische Ersatzteile verschiedener Fahrzeughersteller, für z.B. Motoren und Getriebe, durchaus identisch sein können. Informationen hierüber finden sich in Referenzteile-Listen, die häufig auf den Internetseiten vieler IGs und Clubs angeboten werden. Auch einige Teilehändler verfügen über diese. Nach solchen Referenzlisten für die eigenen Marken zu suchen oder sie selbst im Lauf der Jahre aufzustellen, kann sich lohnen, da mit ihnen die Ersatzteilprobleme zweier oder auch mehrerer Fahrzeugtypen gelöst werden können.
QUELLE: AMZ