Die bei Paket- und Kurierdiensten eingesetzten Transporter müssen Extremes leisten, denn die Fahrer stehen permanent unter Zeitdruck. Diesen Stress geben sie meist ungefiltert an den Antriebstrang weiter. Ein speziell entwickeltes Zweimassenschwungrad mit Spitzenmomentbegrenzer soll vor zerstörerischen Überlastschäden an der Kupplung schützen.
Der Onlinehandel boomt. Aufgrund fehlender Einkaufsmöglichkeiten vor Ort hat der Interneteinkauf in der Corona-Pandemie einen gewaltigen Schub bekommen. Der Fuhrpark der Kurier-, Express- und Paketdienstleister (KEP) ist dadurch abermals kräftig gewachsen. Entsprechend groß ist die aktuelle Transporter-Population auf unseren Straßen. Zudem führt das anhaltende Wachstum des KEP-Sektors dazu, dass diese ‚Lastesel der Nation‘ kaum altersbedingt oder wegen hoher Laufleistungen ausgemustert werden. Oft wird den Fahrzeugen ein ein zweiter und dritter Lebenszyklus beschert.
Spezial-Reparaturlösung soll unnötigen Stillstand vermeiden
KEP-Fahrzeuge sind mancherorts beinahe rund um die Uhr im Einsatz – und dies mit häufig wechselnden Fahrern und unter hohem Zeitdruck. Der häufige Stop-an-go-Verkehr und der rüde Fahrstil vieler KEPler bedeuten extreme mechanische Belastungen für den gesamten Antriebsstrang. Insbesondere am Kupplungssystem treten bei den häufigen Anfahrmanövern, unbeabsichtigten Startversuchen mit eingelegtem Gang und angezogener Feststellbremse oder beim Abrutschen von der Kupplung, beim Abwürgen des Motors sowie bei Schaltfehlern mit schlagartigem Einkuppeln hohe Spitzenmomente auf, die zu einer permanenten Überlastung führen können – mit hohem Verschleiß und mechanischen Schäden bis hin zum plötzlichen Totalausfall.
Doch Ausfallzeiten, die dem Fahrzeugbetreiber nicht selten 1.000 Euro und mehr kosten, kann und will sich niemand leisten – zumal die Reparaturkosten noch hinzukommen. Speziell für diese Klientel haben die Kupplungsspezialisten von Schaeffler mit dem ,LuK RepSet DMF mit Überlastschutz’ eine pfiffige Reparaturlösung entwickelt. Das Clevere daran ist der so genannte ,Impact Torque Limiter’ (ITL) – quasi eine Sonderbauform des Zweimassenschwungrads (ZMS), welcher zerstörerische Spitzenmomente im Antriebsstrang begrenzt.
Schädlichen Spitzenmomente, welche um ein Vielfaches höher sein können als das maximale Motordrehmoment, entstehen, wenn es zwischen den rotierenden Massen des Motors und des Antriebsstrangs plötzlich zu hohen Drehzahldifferenzen kommt. Auslöser hierfür sind den LuK-Kupplungsfachleuten zufolge bei Fahrzeugen mit handgeschaltetem Getriebe meist Bedienfehler durch den Fahrer. Bei vollautomatischem beziehungsweise automatisiertem Getrieben dagegen bestehe diese Gefahr nicht, da derartige Spitzenmomente aufgrund diverser Sicherheitsschaltungen in der Motor- und Getriebesteuerung nicht anfallen können.
„Verbrennungsmotoren benötigen zum Überbrücken der Leertakte ein gleichmäßig wirkendes Drehmoment an der Kurbelwelle. Um dies zu gewährleisten, werden Schwungmassen – starre oder Zweimassenschwungräder – eingesetzt. In den Arbeitstakten nehmen sie die Bewegungsenergie auf und geben diese in den Leertakten ab“, erläutern die Kupplungsentwickler. Beim abrupten Verzögern oder Beschleunigen einer Schwungmasse werde die gesamte Bewegungsenergie, auch kinetische Energie genannt, innerhalb kürzester Zeit freigesetzt, wodurch es einen plötzlichen Drehmomentschlag, auch Spitzenmoment oder Impact genannt, gibt.
Bei einem herkömmlichen ZMS wird das Motordrehmoment von der Kurbelwelle auf die Primärmasse übertragen und gelangt über Bogenfedern auf die Flanschflügel und von dort aus zur Sekundärmasse. Diese leitet das Drehmoment über die Kupplung zum Getriebe und weiter in den Antriebsstrang. Im normalen Fahrbetrieb kompensieren die Bogenfedern des ZMS die Drehungleichförmigkeiten innerhalb ihres Federweges, indem sich die Sekundärmasse gegenüber der Primärmasse in einem bestimmten Winkel verdreht. Tritt bei einem Standard-ZMS ein Spitzenmoment auf, welches die Dämpfungskapazität der Bogenfedern übersteigt, werden diese stark zusammengepresst, so dass sozusagen eine starre Verbindung entsteht und sie ungedämpft auf den Flansch treffen. Je nachdem, wie oft dies passiert, verformt sich der Flansch, bis im Extremfall der Flanschflügel bricht und das ZMS getauscht werden muss. Diese Spitzenmomente belasten aber nicht nur das ZMS, sondern auch alle nachgeschalteten Baugruppen – Kupplung, Getriebe, Kardanwelle, Differential und Antriebswellen – sowie den Steuer- und Nebentrieb des Motors.
Mit dem ‚Impact Torque Limiter‘ (ITL) wollen Schaefflers Kupplungsexperten die Standfestigkeit des Antriebs erhöhen. Dazu kompensiert das auf Reibung basierende System schädliche Drehmomentspitzen und schützt so den gesamten Antriebsstrang. Der ITL besteht aus zwei Halteblechen, die mit jeweils einem Reibbelag versehen sind, und dem zentralen Flansch, der als Tellerfeder dient. Die Federkraft des Flansches generiert durch die Vernietung beider Haltebleche eine Vorspannung, was eine klar definierte Reibkraft innerhalb des Systems bewirkt. Diese Einheit ist mit der Sekundärmasse des ZMS verbunden. Der Aufbau gleicht einer Rutschkupplung, die Überbelastungen abbauen kann. Tritt ein Spitzenmoment auf, verdreht sich der Flansch in den Halteblechen bis der Drehmomentüberschuss über die Reibungsenergie abgebaut ist.
Quelle: AMZ
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